Unter den verschiedenen Ausrichtungen der Schweizer Textiltradition hat sich der Textildruck im Kanton Glarus schon früh einen Namen gemacht. Bis heute ist diese Tradition in einer lebendigen Erinnerungskultur, in Zeugen der baulichen Vergangenheit und in innovativen Ansätzen von Textilerinnen und Modedesignerinnen präsent. Gross ist die Zahl der von unterschiedlichen Textiltraditionen weltweit inspirierten Muster, die auf dem Kantonsgebiet entwickelt worden sind. Sie lagern nun teils in privaten Archiven, im Glarner Wirtschaftsarchiv und im Museum des Landes Glarus. Als kostengünstige Imitate zirkulierten die auf den Rohstoff Baumwolle gedruckten Muster ab dem 18. Jahrhundert zusammen mit unzähligen Konkurrenzprodukten aus England, Frankreich und Holland auf einem damals entstehenden globalen Markt.
Heute verweisen die Glarner Muster und Tücher auf eine Vergangenheit, die mit ihrem Auf und Ab gerne als Pionier- und Erfolgsgeschichte erzählt wird. Vor allem die als Epoche eines «Wirtschaftswunders» in die Glarner Geschichte eingegangene zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts prägt bis in die Gegenwart das Selbstverständnis der Glarnerinnen und Glarner. Sie identifizieren sich nun seit mehreren Generationen mit dem Erwerbszweig, der dem Tal erheblichen Wohlstand gebracht hat. Insbesondere die «Glarnertüechli» – die heute als «Bandanas» bekannten «Mouchoirs» – sind zum weit verbreiteten Identifikationssymbol geworden. Deren Boteh-Muster, das im Glarnerland in jeder erdenklichen Farbe auch auf Geschirr, Trinkflaschen, Bankkarten und vielem mehr zirkuliert, erinnert an eine über 250-jährige Geschichte, deren letztes Kapitel als immaterielles Kulturerbe noch längst nicht geschrieben sein dürfte.