Seit mehr als 1’500 Jahren wird die Verehrung der Reliquien der Märtyrer in Saint-Maurice von Agaune, von der Chorherrengemeinschaft der Abtei Saint-Maurice im Wallis gepflegt. Die Abtei wurde 515 gegründet, um das «Glaubensbekenntnis» des heiligen Mauritius und seiner Gefährten aus der Thebäischen Legion zu bewahren, die in dieser Gegend hingerichtet worden sein sollen. Bis heute ist es Aufgabe der Chorherren, die Verehrung der Reliquien zu bewahren und sie Laien unterschiedlichster Herkunft zugänglich zu machen. Die täglichen liturgischen Feiern, die den Gläubigen offenstehen, die Bewahrung und Aufwertung der Objekte des Klosterschatzes, der Empfang der Pilger und die Prozession der Reliquien am Tag des Heiligen Mauritius (22. September) bilden die Elemente dieser Tradition.
Dabei ist die jährliche Feier der sichtbarste und populärste Ausdruck der Verehrung. Höhepunkt des Festes ist die Prozession. Dabei werden die Reliquienschreine aus dem Klosterschatz auf dem Rücken von Männern durch die Strassen der Stadt getragen. An der Prozession nehmen mehrere hundert Personen teil (die Chorherrengemeinschaft, Geistliche aus dem In- und Ausland, Behördenvertreter, Musikkapellen, Laiengruppen und andere). Das Fest besitzt eine starke soziale Dimension (mit einem Umtrunk, mit dem gemeinsamen Essen, mit einem Klostermarkt und mit verschiedener Unterhaltung). Es ist ein wichtiger Moment des Gemeinschaftslebens in Saint-Maurice und zeugt von der Verbundenheit der Bevölkerung mit der Tradition der Reliquienverehrung, die untrennbar mit der Identität der Stadt verbunden ist.