Genf

Genf

Der Kanton Genf schlägt eine Reihe scheinbar sehr unterschiedlicher Traditionen zur Aufnahme in die nationale Liste vor. Diese sind geprägt vom urbanen Charakter des Stadtkantons Genf und entsprechen den gesellschaftlichen Anlässen und Riten, die heute fester Bestandteil des Vereinslebens und der Kultur der Genferinnen und Genfer sind. Von der «Fabrique» über den «Esprit de Genève», die «Promotions», die Comics und Plakatkunst bis hin zur «Escalade» ist Genf zur Wiege vieler bedeutender Traditionen geworden, die sowohl die lokale als auch die internationale Geschichte beeinflusst haben.

Das grosse Erbe von Calvin und Rousseau

Die lebendigen Genfer Traditionen stehen zu einem grossen Teil in Verbindung mit dem Leben, dem Denken und den Schriften Calvins und Rousseaus, der zwei prägendsten Genfer Persönlichkeiten. Sie haben bleibende Spuren im Leben der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt hinterlassen, die man übrigens auch heute noch die Calvinstadt nennt. Gewiss ist dies der Grund, weshalb sich im Laufe der Zeit eine lokale Kultur entwickelt hat, die auf Werte wie Demokratie, Liebe zur Natur, ziviles Engagement, Religion und Respekt des Handwerks ausgerichtet ist. Noch heute scheint der Geist Rousseaus über den Alleen des Konservatoriums und des Botanischen Gartens der Stadt zu schweben, wo die fünftgrösste Sammlung von Herbarien und eine der drei bedeutendsten Bibliotheken für systematische Botanik der Welt zu Hause sind. Das Gleiche gilt auch für den «Esprit de Genève», der gleichermassen von Rousseau, Jean Calvin und Henri Dunant geprägt ist. Diese drei Persönlichkeiten haben den Ruf der Stadt als Ort der Zuflucht für die Unterdrückten und Pazifisten und als Ort der Verteidigung der Menschenrechte begründet. So nimmt Genf dank dem Wirken zahlloser Persönlichkeiten einen festen Platz auf der Weltkarte und in den Geschichtsbüchern ein.

Volksbräuche und Volkskunst

Es gibt aber auch Traditionen, die nicht mit diesen Geistesgrössen im Zusammenhang stehen; ausserhalb der Cité entdeckt man beispielsweise «Le Feuillu», ein von Calvin seinerzeit verbotenes Volksfest, das in den oft katholischen, erst seit 1816 dem Kanton Genf zugehörigen Gemeinden lebendig geblieben ist. Auch die «Escalade», die des Sieges über den Herzog von Savoyen im Jahre 1602 gedenkt, ist in Tat und Wahrheit eher der aufrührerischen Gesinnung und der Geistesgegenwart der Genfer und Genferinnen als irgendeinem grossen Philosophen zu verdanken.

Und auch auf dem Gebiet der Technik hat Genf eine lange Tradition vorzuweisen. Unter dem Namen «Fabrique» findet man hier ein grosses technischen Know-how der Uhrmacher-, Goldschmiede- und Juwelierkunst, der Edelmetallverarbeitung, der Herstellung von Zeigern, Federn, Gehäusen, Kettchen und anderer unentbehrlicher «Antriebsräder» der Uhrmacherei. Die Genfer und Genferinnen haben sich ausserdem in der Kunst, mit Bleistift, Sprechblasen und Pinsel umzugehen, einen Namen gemacht und blicken auf eine lange Tradition der Comiczeichnung und des Plakatschaffens zurück. In ihrer allgemein bestens bekannten Bescheidenheit nehmen sie übrigens auch gerne die Erfindung der 9. Kunst oder besser gesagt der Literaturgattung der Bildergeschichte für sich in Anspruch, die Rodolphe Töpffler im 19. Jahrhundert geschaffen hat. In diesem Sinne hätte der Kanton auch die «Genferei» oder die «Genevoiserie» für die Liste der lebendigen Traditionen vorschlagen können, einen Begriff, der in den anderen Schweizer Kantonen ab dem 19. Jahrhundert mit politischen Streitigkeiten und anderen Skandalen, für die Genf ein besonderes Talent zu haben scheint, gleichgesetzt wurde... Der Kanton bevorzugte jedoch die „Revue" vorzuschlagen, ein satirische Darbietung die auf eine 125 jährige Geschichte zurückblicken kann und die auch weiterhin jedes Jahr eine grosse Menschenmenge anzieht.

Wertschätzung der Traditionen

Unabhängig von der Zeit, aus der sie hervorgegangen sind, ob sie auf Calvin oder Rousseau zurückgehen oder nicht - die erwähnten Genfer Traditionen zeugen von einer grossen Beständigkeit. Der Rückhalt, den sie in der Bevölkerung geniessen, rechtfertigt in diesem Sinne auch den Entscheid, die Valorisierung des immateriellen Kulturerbes in das kantonale Kulturgesetz aufzunehmen. Das Departement für Bildung, Kultur und Sport ist zuständig für die Ausführungsbestimmungen und die Liste der Genfer Traditionen, welche die Überlieferung des Brauchtums, der Kenntnisse und der Fertigkeiten gewährleisten soll.

Aktualisierung 2023

Mit der zweiten Aktualisierung der Liste der Lebendigen Traditionen von 2023 werden der Liste des Kantons Genf drei neue Traditionen hinzugefügt:

  • Winterschwimmen und «Coupe de Noël»
  • Schifffahrt mit Lateinersegeln auf dem Genfersee
  • Genfersee-Regatten

 

Die vollständigen Einträge der neuen Traditionen sind ab Sommer 2024 online verfügbar.

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